Ziele als treibende Kraft
Über Ziele und deren Zugkraft
Gibt es einen Widerspruch zwischen dem Leben im Jetzt und Zielen? Wenn Ja wo liegt er und bedeutet das Leben im Jetzt wirklich keine Ziele zu haben?
Willst du es wirklich wirklich und liegt es auf deinem Weg? Oder ist es vielmehr ein Hirngespinst welches du dir einmal zurechtgelegt hast und welchem du jetzt wie ein Esel der Karotte hinterherläufst?
Meinen inneren Esel welchem ich immer wieder die Karotte vorhielt konnte ich auf meiner Reise quer durch Brasilien erstmals so richtig entdecken.
Die Jagd beginnt
Ja dann wenn ich … habe. Nein jetzt kann ich noch nicht glücklich sein, aber wenn ich das erreicht habe dann habe ich es geschafft. Wie wir uns selbst immer wieder herrlich verarschen, man könnte einen Film darüber drehen. Ich habe mir lange Zeit selbst eine Karotte nach der anderen vor die Nase gehängt und bin ihr wie ein Esel hinterhergetrottet. Oftmals ohne zu hinterfragen ob mir diese Karotte überhaupt dienlich ist, gar schmecken wird, oder doch wieder nur ein weiteres Hakerl auf meiner ToDo Liste ist. Diese Liste in meinem Leben stellte ich mir immer wieder selbst auf! Gemeinsam mit einer Löffelliste, welche von Dingen handelte welche ich erledigt haben möchte bevor ich den Löffel abgebe. Ja einerseits inspirierend und andererseits hielt es mir immer wieder vor Augen wie viel Dinge ich noch zu erledigen habe und nie damit fertig sein werde.
Doch damit sollte endlich Schluss sein, zumindest fürs erste. Meine Lebensgefährtin war nach über 10 Monaten nach Hause gereist, weil sie vorerst vom Reisen genug hatte. Zum Glück eben nur vom Reisen und nicht von mir. Mein Inneres sagte mir jedoch, dass ich noch bleiben wollte um das alleine reisen für mich zu entdecken und so blieb ich in Brasilien. Kurz vor Katharinas Abreise verkündete ich ihr noch vorfreudig: „Ich werde den Ozean bis nach Hause mit dem Segelboot überqueren!“ Sie lachte und wusste, dass wenn ich mir etwas in meinen manchmal sturen Kopf gesetzt hatte, nur schwer wieder davon abzubringen war, weswegen sie es gleich gar nicht versuchte. So stand ich nach ihrer Abreise am Flughafen mit meinem Rucksack, setzte mich auf eine Parkbank und fand eine Blume von welcher ich ihr ein Bild zum Abschied hinterherschickte. „Jetzt geht’s los!“, sagte ich mir und machte mich auf den Weg zum Hafen um ein Segelboot zu finden.
Der Entschluss und diese Idee sind nicht über Nacht gereift, sondern vielmehr über einige Monate hinweg. Wir trafen nämlich einige Monate zuvor in Kolumbien einen Deutschen welcher mir davon berichtete, dass gerade ein Freund von ihm die Überfahrt von der Karibik nach Europa vorhätte. Ich merkte sofort wie sich in mir drinnen mein inneres Feuer entfachte. Möglicherweise kennst du das, wenn sich in dir etwas regt, das dich plötzlich wacher macht, dir Energie schenkt die vorher scheinbar nicht da war und dich ganz und gar aufmerksam macht. Herzlichen Glückwunsch, das ist dein Zugang zu deinem inneren Feuer aber dazu später mehr.
Deswegen bohrte ich gleich nach: „Ist das nicht gefährlich?“ „Kostet das denn nicht irrsinnig viel?“ „Braucht man da denn nicht schon einige Monate für diese Reise?“ „Hat er denn schon ordentlich Erfahrung im Segeln?“ Alle diese Fragen verneinte er, denn mit der richtigen Besatzung sei es auch nicht gefährlich und die Kosten seien auch nicht höher als wie beim Reisen durch Südamerika. In cirka einem Monat setzt man von der Karibik nach Europa über und nein sein Freund hatte nahezu keine Erfahrung. Ob der besagte Freund es nun wirklich getan hat oder nicht, habe ich nie erfahren, aber was es in mir hinterließ waren einige Fragezeichen und mein entfachtes inneres Feuer für ein neues Abenteuer. Doch ich vergaß es schließlich wieder, bis zu dem Zeitpunkt ich eines Nachts in Brasilien kurz vor der Abreise von Katharina mit dem lebhaften Traum munter wurde zu segeln. Hier oder wahrscheinlich schon etwas früher wurde die Idee in meinem Kopf geboren nach Hause zu segeln.
Somit machte ich mich in Rio de Janeiro auf um das Segelboot zum Mitsegeln zu finden. Ich stieß in den Häfen auf ein paar sehr nette Menschen und ein Matrose, welcher in einen Neoprenanzug gekleidet und mit einer Bürste bewaffnet sein Boot von unten schrubbte, gab mir den ersten Hinweis in Form einer Telefonnummer. Diese verhalf mir schlussendlich nicht zu meinem Segelboot und so ging die Suche weiter.
Immer wieder ließ ich mich einfach auf dieser Reise von den Ereignissen treiben. So landete ich nach einem Gespräch in einer Wäscherei wo mir ein amerikanischer Winzer von einem Ort namens Buzios vorschwärmte genau an diesem Ort. Ich verbrachte gute 3 Wochen dort und lernte viele tolle Menschen kennen. Auf einen meiner Wanderungen als ich schon fast die Weiterreise geplant hatte stieß ich plötzlich auf Augustin und seinen Sohn. Er erzählte mir, dass er gemeinsam mit seinem Sohn auf einem Segelboot wohnte und schon bemerkte ich wieder dieses gesteigerte Energielevel, meine Aufmerksamkeit und mein brennendes Interesse, Hallo inneres Feuer!
Wir verabredeten uns am Nachmitag an dem sogenannten Bärenstrand. Dort angelangt holte mich Augustin nach kurzem Warten mit einem SUP vom Strand ab und transportierte mich damit zu seinem Boot. Wir hatten eine tolle Zeit und es war der erste Segeltörn meines Lebens, welchen ich immens genoss. Einfach getragen zu werden vom Wind ohne irgendetwas zu benötigen, es war traumhaft schön und ich wusste innerlich, dass es das war was ich tun wollte. So stieg meine Zuversicht tatsächlich nach Europa zu segeln und gemeinsam schlossen wir die Abmachung, dass ich für ihn Segelausflüge verkaufe und er mir im Gegenzug dafür Segeln beibringen würde. Einige Segeltörns später war ich um ein paar Erfahrungen reicher und meine Zuversicht stieg weiter. Ich sah mich schon in wenigen Wochen an der Spitze eines Segelbootes stehen und jubeln. Doch bis dahin verging noch etwas mehr Zeit.
Nach drei wunderschönen Wochen in Buzios verabschiedete ich mich von meinen Freunden und flog weiter in den Norden nach Salvador de Bahia. Ich besorgte mir ein Buch von Ocean Nomads einer Frau welche selbst den Atlantik als Mitreisende ein paar Male überquert hatte und darüber sozusagen eine Anleitung schrieb wie man das selbst umsetzen könne. Ebenso registrierte ich mich auf einigen Webseiten auf welche Mitsegler gesucht wurden. Mein Weg führte mich von Stadt zu Stadt und Hafen zu Hafen, in welchen ich mit den Menschen vor Ort sprach um herauszufinden ob denn jemand demnächst nach Europa segeln würde. Ebenso hängte ich selbstgemachte Plakate in den Häfen auf um meinen Willen überzusetzen auszudrücken und hoffte auf eine Rückmeldung von jemanden, der genau das vorhatte.
Ich erlebte einiges auf meinem Weg die Küste entlang in den Norden und merkte wie ich immer ungeduldiger wurde. Die Reise glich mehr und mehr einem abgrasen von Städten und der vermeintlichen Suche nach dem Segelboot.
Was mir große Unterstützung gab waren auch einige geführte Meditationen von Veit Lindau. In einigen Zeremonien in Südamerika erlebte ich einen neuen Zugang zu meiner Intuition. Es war fast schon unheimlich Visionen und Bilder von meiner Zukunft zu sehen und dabei auch zu erkennen in welchen Bereichen meines Lebens ich mich noch klein hielt. Durch die geführten Meditationen bekam mit, dass dieser Zugang zu meinem Inneren immer vorhanden ist und ich ihn durch gezielte geführte Meditationen nutzen kann. Klingt erst einmal etwas abgedreht doch es ist tatsächlich möglich mithilfe von geführten aktiven Meditationen in Geisteszustände zu gelangen, welche wir sonst vielleicht nur aus dem Film kennen.
In dieser Meditation welche sich um die Erreichung von Zielen drehte, stand ich am 28. Februar am Bug des Segelbootes und feierte meinen Erfolg. Somit konnte ich mich wieder etwas entspannen und wusste, dass mich mein Weg schon dorthin führen wird, wenn ich auch die nötigen Schritte dafür ging. So zog ich weiter und weiter und der Tag rückte näher und näher, bis er schließlich da war und ich statt am Bug des Segelbootes, in der Hängematte lag und mich fragte wozu das denn alles gut gewesen sei und ob das mit den Visionen alles nur Einbildung gewesen sei.
Einige Tage zuvor schrieb ich einen Deutschen über eine Internetplattform an welcher vorhatte von der Karibik nach Europa überzusetzen. Tatsächlich meldete er sich dann kurz nach meiner Verzweiflung in der Hängematte und wir telefonierten am darauffolgenden Tag. Wir verstanden uns gut und er sagte mir, dass er sich gut vorstellen kann, dass ich sie am Weg zurück nach Europa begleiten kann. Ich jubilierte und feierte meine Visionen die wohl einfach etwas anders wahr geworden waren. Doch nach einer Woche meldete er sich nochmals und sagte mir ab, da ich nicht gegen Corona geimpft war und die Einreisebestimmungen in der Karibik sehr strikt waren.
Nach dem Gespräch stand ich halb enttäuscht, halb verwundert da und wusste nicht was los war. Ich war nicht mehr von meinen Vorstellungen getäuscht wie es sein sollte sondern erkannte einfach wie es gerade war. Dabei wunderte ich mich wozu denn das alles notwendig gewesen sei und erkannte schließlich, dass ich die einen großen Teil der Reise damit verbrachte hinter diesem Segelboot her zu sein und es schließlich doch nicht zu bekommen.
Hätte ich doch noch mehr dafür tun müssen? Wäre es anders möglich gewesen? Ich weiß es bis heute nicht.
Welche Erkenntnis ich jedoch aus dieser Erfahrung zog war, dass auch dieses Segelboot wieder nur eine neue Karotte war welche ich mir vor meine Nase hängte. Ich rannte ihr blind hinterher und verlor das wesentliche aus den Augen. Nämlich diesen Moment zu genießen und das Beste aus dem was jetzt ist zu machen.
Diese Erkenntnis hinterließ mich mit tiefer Ehrfurcht und Dankbarkeit für diese Erfahrung und ich buchte schließlich zwei Wochen später einen Flug zurück nach Österreich und berichtete Katharina ich komme zurück nach Hause.
War es wohl nur ein Egotrip der mich immer weiter trieb damit ich dann schlussendlich mit Pauken und Trompeten in Europa aufzuschlagen um allen zu zeigen wie toll ich bin? Oder war da auch die Sehnsucht in mir wieder etwas Neues zu probieren, auf der Suche nach einer inneren Befriedigung? Es war wohl eine Mischung aus beiden. Ich trage noch immer den Wunsch in mir eine größere Strecke zu segeln aber es steht nun auf keiner Liste mehr. Das was ich durch diese Erfahrung gelernt habe, war wohl noch wichtiger als nach Hause zu segeln und dafür bin ich zutiefst dankbar.